Die PERLE Butjadingens: Hafen und Fischerdorf FEDDERWARDERSIEL

Fedderwardersiel

 

Das Gesicht Fedderwardersiels ist geprägt durch seinen Hafen. Er entstand Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Bau eines neuen Sieles und Sielhafens nahe Fedderwarden. Damals verlief das Fahrwasser der Weser noch ganz nah entlang der Küste und versorgte Fedderwardersiel so mit reichlich Arbeit.

 

Das Fahrwasser verlagerte sich im Laufe der Jahre jedoch so weit zurück von der Küste, dass der Hafen seine Bedeutung als Handelsplatz verlor – zugleich aber an Idylle gewann.

 

Nur noch über den Fedderwarder Priel ist der hübsche Hafen heute noch mit der Fahrrinne der Weser verbunden. Das heißt aber nicht, dass der Hafen brach liegt. Er lebt – und zwar so, wie man sich einen Fischerhafen vorstellt: Wasserseits fahren Krabbenkutter ein und aus und mit dem Fahrgastschiff Wega II lassen sich interessante Ausflüge in den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer unternehmen.

 

Dieses „romantische Herz“ Butjadingens gibt also nicht nur Einblick in die Welt des traditionellen Garnelenfangs, sondern ist auch Ausgangspunkt für interessante Ausflüge zu den Seehundbänken und den alten, von vielen Bildern bekannten Leuchttürmen. Landseits informiert das Museum Nationalparkhaus

Fischkutter, Fischgeschäft, Hafenleben

  Geschichte

Geschichte der Krabbenfischerei in Butjadingen

Krabbenfischerei hat in Butjadingen Tradition.

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Ursprünglich verwendete man die Krabben, die auch Granat heißen, nur für den Eigenbedarf oder als Viehfutter. In kleinen Mengen wurde der Granat mit sogenannten Schiebehamen gefangen, eine Art Käscher, den man bei Ebbe durch die wassergefüllten Priele im Wattenmeer schob. Mit Schlickschlitten konnte der Fang anschließend über das Watt an Land gebracht werden. Durch den Zusammenschluss der Krabbenfischer in der Fischereigenossenschaft Butjadingen am 17. Januar 1931 wurde der Krabbenfang professionell organisiert.

Mit fortschreitender Motorisierung stieg das Interesse an Granat als Wirtschaftsgut, wobei zunächst dessen Verwendung als Viehfutter im Vordergrund stand. Für die überregionale Vermarktung wurden die frischen Nordseegarnelen auf Darren getrocknet und anschließend per Bahn ins Binnenland verfrachtet. Bis zur Mitte der 1970er Jahre war dieses Verfahren auch in Fedderwardersiel üblich. Verbesserungen bei der Kühlung und Konservierung führten schließlich dazu, dass die Vermarktung der Krabben als Nahrungsmittel zunehmend an Bedeutung gewann. Bevorzugten die Verbraucher zunächst noch die ungeschälte Ware, wan-delte sich das Kaufverhalten im Laufe der Zeit dahingehend, dass vornehmlich das Fleisch der schon geschälten Krabben nachgefragt wurde. Das Entfernen des Krabbenpanzers von Hand in Heimarbeit, die sogenannte Heimentschälung, reichte anfangs noch aus, um die Nachfrage zu bedienen. Doch Anfang der 1990er Jahr kam es bei den Schälerinnen zu einem Generationenwechsel: erfahrene Schälerinnen schieden aus, und Nachfolgerinnen für die mühselige Handarbeit zu finden, war schwierig.

 

Der Krabbenkrieg an der Nordsee

 

Der Krabbenkrieg 2011 an der Nordsee – mit Auswirkungen auf Fedderwardersiel  Eine Reportagenzusammenfassung von Christoph Buchwald (nach Medienberichten im Juni 2011)

 

Krabben – von den Küstenbewohnern auch ‚Granat’ genannt – sind für viele eine Köstlichkeit, eine Delikatesse, die nicht billig, aber bezahlbar erstanden und genossen werden kann. Doch wie lange noch ?

 

Über den Krabbenfang, die Krabbenfischer, die Konsumware Krabben, deren Vermarktung und mögliche Auswirkungen auf die Zukunft des Fischkutterhafens Fedderwardersiel soll hier Auskunft gegeben werden.

 

Zur besten Krabbenfangzeit des Jahres 2011, im Mai/Juni, fuhren alle Krabbenfischer der gesamten Nordseeküste – von Holland bis Dänemark - nicht mehr zum Fang hinaus, sie streikten, obwohl sie sich das eigentlich nicht leisten konnten, da sie doch vor allem in diesen Monaten Rücklagen bilden für die drei fanglosen Monate im Winter. Insgesamt vier Wochen blieben sie in den Häfen liegen, „verdienten“ dabei jedoch mehr, als wenn sie zum Fangen in die Nordsee hinausgefahren wären. Wie ist denn dieser Widerspruch zu erklären?

 

Die Antwort ist einfach: Sie verdienten in diesen Streikwochen zwar nichts, hatten aber auch keine Verluste bzw. Ausgaben durch z.B. hohe Spritkosten (ca. 23 l Dieselverbrauch pro Fangstunde bei ausgefahrenen Netzen!), die höher gewesen wären als bei gleichzeitig angenommen erzielten Einnahmen von angebotenen. 1,50 € pro Kg gefangener Krabben. Soviel – exakter gesagt: so wenig! – zahlten die Großhändler in dieser Zeit.

 

Eine für die Fischer nach Verhandlungsende nur mäßig zufrieden stellende Kilopreiserhöhung auf 2,60 € mit späterer Steigerung auf 3,00 € - erst ab diesem Preis lohnt sich das Fischen! - lässt die Fischer wieder zum Fangen hinausfahren. Um den Preis stabil zu halten, unterwarfen sie sich vorerst einer selbst auferlegten geringeren Fangbeschränkung von 1500 Kg Krabben pro Kutter und Woche – das schafft ein Kutter an einem Tag, den Rest der Woche ist der Fischer arbeitslos! Erst wenn die Händler wieder mehr zahlen, soll auch wieder mehr gefangen werden, war die einheitliche Devise.

 

Es ist für die Fischer eine unbefriedigende Situation: Die Händler setzen 500 Millionen um, für die das volle Risiko tragenden Fischer (bzgl. Wetterlage, Fangmengen, Kutterkosten, Spritpreise) bleibt nur ein geringer Anteil.

 

Überdies droht vielen Fischern weiterer Ungemach in der Deutschen Bucht. Zuerst die Einschränkung ihrer Fanggründe in der Zeit, wenn Seekabel zu den neu entstehenden off-shore-Windparks verlegt und entsprechend diese Fanggründe gesperrt werden. Mit dem Ausbau von Windmühlen, Verlegung von Pipelines und Seekabel werden Fischgründe verdrängt, denn Fische verlagern ihren Platz aufgrund von entstehenden elektromagnetischen Feldern und Geräuschen.

 

Es ist für die Fischer nur ein schwacher Trost, wenn zukünftig die Bestände an Krabben aufgrund der Klimaveränderung wachsen dürften. Die Erwärmung der Nordsee um ein Grad lässt erkennbar einige Fischsorten, die Krabben vertilgen, nach Norden abwandern.

 

Doch können die kleinen Fischer darauf ihre Zukunft aufbauen?

 

Die Modernisierung der Fangflotte kostet viel Geld: Ein auf neuestem Stand ausgestatteter neuer Fischkutter in Zweimannbetrieb kostet ca. 750.000,00 € , ein gebrauchter noch mindestens 200.000,00 € . Die Ungewissheit, auch zukünftig junge Mitarbeiter für den sehr harten Beruf zu finden sowie die Entwicklung der Brennstoffpreise dürften die größten Probleme der Fischer sein, denn die Fischgroßindustrie wird die Fischpreise auf Grund des ausreichenden Bestands und der Konkurrenz – nicht zuletzt der großen Discounter - nicht wie notwendig parallel erhöhen. Für uns Konsumenten ist dies positiv, aber auf Dauer keine beruhigende Garantie, wenn damit die Perspektiven der Fischer und damit der Fischzulieferung vor Ort bedroht sind.

 

 

Fazit: Für die Fischer wird es ein finanziell schlechtes Jahr 2011 durch die entgangenen vier Streikwochen und den durch die Streikschlichtung nur mäßig erhöhten Preise. Sie steuern ferner einer finanziell ungewissen Zukunft entgegen – man befürchtet, dass in absehbarer Zeit mehr als jeder vierte Kutter vom Markt muss.

 

Ausblick: Damit werden die Fischkutterhäfen, die, wie z.B. auch Fedderwardersiel, von jährlich weiterer Versandung bzw. Verschlickung bei gleichzeitig abnehmender Gegenmaßnahmen, sprich Ausbaggerungen oder gar einer grundlegenden Fahrrinnen-Sicherung, der jeweiligen Landesregierungen mittelfristig noch eher von Schließungen betroffen sein.

 

Der Tourismus in den jeweiligen Orten – und besonders in Fedderwardersiel - wird damit schwer getroffen, denn bei schlechter werdender Zukunft der (kleineren) Krabbenfischerei ist zu befürchten, dass auch die Erhaltungsmaßnahmen für die Zufahrt sowohl in den Fischkutterhafen als auch Sportboothafen eingeschränkt werden. Damit verengt sich immer mehr das Zeitfenster für die befahrbare Fahrrinne sowohl der einfahrenden Fischkutter als auch für das Ausflugsschiff ‚WEGA 2’ und die Sportboote (in den Yachthafen). Bei abnehmender Rentabilität ist es absehbar, bis einer nach dem andern aufgeben wird.

 

Christoph Buchwald